Reise zum Mond
„Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan will abheben und die Türken im wahrsten Sinne des Wortes zum Mond schießen. In einer groß angelegten Veranstaltung stellte er das nationale Raumfahrtprogramm vor und erklärte es gleich zum wichtigsten und obersten Ziel des Landes.“ Das berichtete Marion Sendker aus dem ARD-Studio Istanbul in der Tagesschau vom 11. Februar 2021. Und sie zitierte den Führer des modernen osmanischen Reichs: „In der ersten Phase wollen wir Ende 2023 in der Erdumlaufbahn eine original türkische Hybridrakete zünden, damit den Mond erreichen und eine ‚harte Mondlandung‘ durchführen. Das werden wir in internationaler Zusammenarbeit machen.“
Es folgte ein Aufruf Erdogans, ein eigenes türkisches Wort für Astronaut zu finden.
Ohne zu wissen, was eine „türkische Hybridrakete“ ist, empfehlen wir, den Astronauten „Münchhausen“ zu nennen.
Denn im 18. Jahrhundert hat in der Nähe von Konstantinopel bereits eine erfolgreiche Mond-Mission stattgefunden. Im Jahre 1737 erstritt der aus Bodenwerder an der Weser stammende Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen (1720-1797) als Fähnrich der russischen „Braunschweig-Kürassiere“ einen Sieg über die türkische Armee. Ein halbes Jahrhundert später veröffentlichte der deutsche Universalgelehrte Professor Rudolf Erich Raspe (1736-1794) aus London einen Bericht über Münchhausens Jagd- und Reise-Erlebnisse. Erster Glanzpunkt dieser Reisebeschreibung: Der junge Abenteurer geriet nach der Schlacht bei Otschakow in türkische Gefangenschaft und diente in den Gartenanlagen des Sultan Mahmud I. (1696-1754) als Imker.
Wir verdanken dem großen Dichter der Aufklärung, dem Göttiger Professor Gottfried August Bürger (1747-1794), eine ins Deutsche übersetzte Ausgabe (1788) unter dem Titel: Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abentheuer des Freyherrn von Münchhausen, wie er dieselben bey der Flasche im Zirkel seiner Freunde selbst zu erzählen pflegt. Aus dem Englischen nach der neuesten Ausgabe übersetzt, hier und da erweitert und mit noch mehr Kupfern gezieret. Zweyte vermehrte Ausgabe. London 1788.
Sie enthält einen Bericht von Münchhausens Mond-Fahrt, der folgendermaßen angekündigt wird: „Der Baron steigt seiner Art bis in den Mond nach und kommt zurück.“
Der gewissenhafte Bienenhüter konnte eine des ihm anvertrauten Immen vor dem Angriff von zwei Bären retten, indem er beherzt eine silberne Sichel, das Zeichen der Gärtner und Landarbeiter des Sultans, nach den beiden Räubern schleuderte. Dass verhinderte zwar den Mord an dem armen Tier, erwies sich aber als verhängnisvoll, da die Axt durch den allzu starken Schwung seines Armes in die Höhe flog, und nicht aufhörte zu steigen, bis sie im Monde nieder fiel.
Nun war guter Rat teuer: Wie sollte Münchhausen die Axt wieder kriegen?
Beherzt entwarf der junge Kürassier einen Plan. Er wusste durch seine botanischen Studien, dass die türkischen Bohnen sehr geschwind und zu einer ganz erstaunlichen Höhe wachsen. Deshalb pflanzte er augenblicklich eine solche Bohne, welche auch wirklich emporwuchs, und sich an eines von des Mondes Hörnern von selbst an rankte.
Dies war nur möglich, weil es sich um eine türkische Weltraummission handelte und der Mond im osmanischen Reich seit jeher eine Sichelgestalt aufweist.
Münchhausen berichtet von seinem Aufstieg: „Nun kletterte ich getrost nach dem Monde empor, wo ich auch glücklich anlangte. Es war ein ziemlich mühseliges Stückchen Arbeit, meine silberne Axt an einem Orte wiederzufinden, wo alle andere Dinge gleichfalls wie Silber glänzten. Endlich aber fand ich sie doch auf einem Haufen Spreu und Häckerling.“
So weit, so gut. Aber wie sollte Münchhausen wieder zur Erde zurückkehren? Die Sonnenhitze hatte indessen die Bohne ausgetrocknet, so dass daran schlechterdings nicht wieder herabzusteigen war. Was war nun zu tun?
Wieder fand Münchhausen eine Lösung. Er flocht sich einen Strick von dem Häckerling, so lang er ihn nur immer machen konnte. Diesen befestigte er an eines von des Mondes Hörnern, und ließ sich daran herunter. Mit der rechten Hand hielt er sich fest, und in der linken führte er seine Axt. Sowie er nun eine Strecke hinunter geglitten war, so hieb er immer das überflüssige Stück über ihm ab, und knüpfte dasselbe unten wieder an, wodurch er denn ziemlich weit herunter gelangte. Dieses wiederholte Abhauen und Anknüpfen machte nun freilich den Strick eben so wenig besser, als es Münchhausen völlig herab auf des Sultans Landgut brachte. Er mochte wohl noch ein paar Meilen weit droben in den Wolken sein, als sein Strick auf einmal zerriss, und er mit solcher Heftigkeit herab zu Gottes Erdboden fiel, dass er ganz betäubt davon wurde. Durch die Schwere seines von einer solchen Höhe herabfallenden Körpers fiel er in ein Loch, aus dem er sich nur unter größten Mühen wieder herausarbeiten konnte.
Was könnte man den türkischen Ingenieuren empfehlen, damit die Landung nicht so hart ausfällt wie weiland bei Münchhausens Rückkehr vom Mond?
Auch hierzu hat sich der clevere Baron etwas ausgedacht.
Der Amelunxener Pfarrer Heinrich Theodor Ludwig Schnorrs berichtet 1789 in seiner Fortsetzung des Bürgerʼschen Münchhausen unter dem Titel Nachtrag zu den wunderbaren Reisen zu Wasser und Lande, und lustige Abentheuer des Freyherrn von Münchhausen, wie er dieselben bey der Flasche Wein im Zirkel seiner Freunde selbst zu erzählen pflegt. Mit Kupfern. Koppenhagen, 1789 von einer zweiten Mondreise, die der Baron diesmal mit einem kleinen Schiffchen von Fischbein machte, vor das er einen flugfähigen Straußenvogel gespannt hatte.
Nachdem der Baron auf seiner Reise durch die Himmels-Sphären sein Reisegefährt verloren hatte und auf dem Mond gestrandet war, bettelte er so viel Strohe und Häckerling zusammen, als möglich, sah sich besser vor, als das erste Mal, schnitt ein trichterförmiges Loch in den Mond, packte sich so gut er konnte in das Strohe und den Häckerling, schickte erst eine ganze Menge voraus, damit er weich fiele; und nun fiel er nach, nachdem er sich so fest eingewickelt hatte, als möglich. Aus dem Häckerlinge wurde nun ein solcher Berg, als er herunterkam, dass die Pferde des königlichen Marstalls in Hannover 200 Jahre daran zu fressen gehabt hätten. Münchhausen fiel so weich und tief darein, dass er 3 Tage zu tun hatte, ehe er sich herausarbeitete. Und er schließt seine Erzählung mit den Worten: „Es schneiete noch 8 Tage Nichts als Häckerling.“